Darmstadt und der Güterverkehr

von Theo Kanka

Straßenplaner planen Straßen – wäre es nach den Vorstellungen des Darmstädter Magistrats gegangen, so hätten wir heute eine Osttangente mitten durchs Martinsviertel mit riesigen Anschlussbauwerken, eine Autobahn mitten durch Neu-Kranichstein, über das Oberfeld, über die Lichtwiese. Darmstädter Bürger konnten diese Planungen verhindern, doch wieder plant der Magistrat Straßen, von denen die sogenannte NordOst-“Umgehung“ ein Baustein ist, dem weitere folgen sollen. Wer sich für diese Politik entscheidet, entscheidet sich auch für immer mehr Autoverkehr in Darmstadt,immer weniger Alternativen zum Autoverkehr und immer weniger Lebensqualität in der Stadt. So ist zu erwarten, dass durch immer weiteren Trassenausbau eine zunehmende Verlagerung des LKW-Verkehrs vom Frankfurter Kreuz nach Darmstadt bewirkt wird.

Durchfahrtverbot

Vom Magistrat wird der LKW-Verkehr genannt, um den Straßenbau zu rechtfertigen. Da werden angeblich durch den Trassenbau zu erreichende Entlastungen genannt, für die keine zuverlässige Datengrundlage existiert. Die entsprechenden Entlastungen lassen sich aber in der Tat erreichen, und das mit nur einem Bruchteil der Kosten: Die Stadt muss das bestehende LKW-Durchfahrtsverbot flächendeckend und zu jeder Tages- und Nachtzeit überwachen. Hierfür bedarf es der Installation einer kameragestützten Überwachung. Einzelne städtische Straßen, wie den Rhönring, kann die Stadt vollständig für den LKWVerkehr sperren und Tempo 30 einführen. Der LKW-Verkehr aus dem Odenwald-Kreis hat entgegen ursprünglichen Planungen die Berechtigung zur Durchfahrt erhalten. Hierfür gibt es keine Notwendigkeit, denn es besteht eine ab Dieburg autobahnartig ausgebaute Verbindung der B45 zur A3. Diese ist die für die Odenwald-LKW's vorgesehene Verbindung nach Norden und Nordwesten und nicht eine Route durch Darmstadt! Das Durchfahrtsverbot muss in diesem Punkt ergänzt werden.

Beispiel Merck

Die Firma Merck würde nach eigenen Angaben die NordOst-Trasse nicht nutzen. Sie lässt sich nämlich über die A661 / neue B3-Neu bzw. A5 / B42 / B3-Neu von Nordwesten her beliefern. Dieses Konzept lässt sich auf Darmstadts gesamtes nordwestliches Gewerbegebiet ausweiten – das einzige, das über die NordOst-Trasse angebunden würde. Die Anfahrt erfolgt dann von der Weiterstädter Seite. Die Weststadt sowie die Gewerbegebiete südlich der Rheinstraße befinden sich ebenfalls in unmittelbarer Nähe der Autobahn – auch hier ließen sich stadtverträgliche Anfahrtsrouten entwickeln. Die Stadt muss aktiv werden um dieses Konzept mit den Firmen umzusetzen!

LKW-Maut

Warum hat die Stadt nie die LKW-Maut für die B26 (Kraftfahrstraße Richtung Aschaffenburg). beantragt? Um der Mautflucht auf Bundesstraßen zu begegnen, wurden von der Bundesregierung extra entsprechende Regelungen ermöglicht.

Bahntransport

Güter gehören auf die Bahn. Vor wenigen Jahren hat sich die Odenwaldbahn vom Gütertransport verabschiedet, und die Stadt Darmstadt sieht tatenlos zu. Firmen im Landkreis wie Pirelli planen zu 100% für den Straßentransport. So wurde beim Reifenlager Lengfeld der Bahnanschluss einfach weggelassen. Darmstadt soll nun mit der NordOst-Trasse die Kosten derart verfehlter Firmenpolitik tragen. Dieses ist aber nicht die Aufgabe der Stadt.

Bahnanschluss für das Müllheizkraftwerk

Zuge des Baus der sogenannten Nordumgehung hat die Stadt den Bahnanschluss des nordwestlichen Gewerbegebiets am Carl-Schenk-Ring gekappt. Ein zukunftsweisendes Konzept zur Belieferung des Müllheizkraftwerks per Bahn, wie es andere Städte umsetzen, bleibt in Darmstadt auf der Strecke. Die Stadt bevorzugt es, die stinkende Fracht per LKW aus allen Regionen liefern zu lassen.

Güterverteilzentren

Mit Güterverteilzentren kann durch ausgeklügelte Logistik eine höhere Auslastung von LKWs und eine Reduzierung ihrer Fahrten erreicht werden. Hier sind Planungen der Stadt gefragt, anstatt auf immer neuen Straßenbau zu setzen.

Theo Kanka ist ehemaliger Mitarbeiter im Stadtplanungsamt und Mitglied der "agenda 21"

 

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